Mit einem Wurmmittel gegen das Coronavirus

Charité und Bayer erproben altbewährtes Medikament in klinischer Studie zur Behandlung von Covid-19

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Maximilian Posch

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12.5.2021

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Wirkstoffe gegen das Corona-Virus entwickeln

Es ist nun mehr als ein Jahr vergangen seitdem die WHO das neuartige Coronavirus zu einer globalen Pandemie erklärt hat. Bislang gibt es keine etablierte und kostengünstige Therapie, die den Verlauf der Krankheit deutlich verbessern könnte. Daher werden derzeit viele Versuche und Studien durchgeführt, in denen mögliche Wirkstoffe getestet werden, von denen erhofft wird, dass sie betroffenen Patienten helfen könnten. Eine Herausforderung ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, also aus Zellkultur- und Tierstudien, in die Klinik zum Patienten zu bringen. Im Fachjargon wird dieser Prozess als "translationale Forschung" bezeichnet. Durch Kooperationen zwischen Industrie und Universitäten können Kompetenzen und Erfahrungen gebündelt werden, um diesen Prozess zu beschleunigen.

Bewährte Mittel auf das neue Virus anpassen

Schon früh wurde nach Beginn der Pandemie vom Chefvirologen der Charité, Prof. Christian Drosten, und seinen Mitarbeitern begonnen, verschiedene Substanzen gegen das Virus zu testen. Einige dieser Substanzen sind bereits zugelassen und haben sich schon in der Zellkultur als wirksam gegen MERS, ein Verwandter von SARS-CoV-2, erwiesen. Als vielversprechender Kandidat wurde Niclosamid identifiziert, welches unter dem Handelsnamen Yomesan® von der Arzneimittelfirma Bayer Vital GmbH seit über 60 Jahren für die Behandlung von Wurmbefall im Darm zugelassen ist. Der Wirkmechanismus beruht darauf, dass Niclosamid die Abwehr befallener Zellen gegen das Virus stärkt. Was in Zellen im Labor funktioniert, muss nicht zwangsläufig im Menschen funktionieren. Klinische Studien müssen erfolgen, um zu zeigen, ob dieses Medikament auch bei Menschen mit COVID-19 wirksam ist. Eine Herausforderung ist allerdings, dass dieses Medikament nur als Kautablette verfügbar ist, die vorwiegend im Magen-Darm Trakt ihre Wirkung entfaltet. Der Wirkstoff selbst ist sehr schwer löslich, so dass kaum Niclosamid ins Blut gelangt. Damit das Medikament nun besser und zuverlässiger in das Blut aufgenommen und dort wirken kann, hat Bayer das Medikament in einer neuen Darreichungsform als Trinkflüssigkeit entwickelt.

Mit klinischen Studien die Medikamente schnell zur Marktreife tragen

Aufgrund der neuen Darreichungsform ist eine klinische Studie an Gesunden erforderlich, auch wenn Nicolsamid seit Jahrzehnten in klinischer Anwendung befindet und die Nebenwirkungen gut bekannt sind. Momentan wird diese in der Charité Research Organisation GmbH durchgeführt, in der die Verträglichkeit, die Aufnahme, Verstoffwechslung und Ausscheidung der neuen Trinklösung untersucht wird. Zunächst wird das Medikament in geringer Anfangsdosis einmalig verabreicht und dann, wenn es als sicher bewertet wurde, die Dosis schrittweise erhöht. In späteren Studienteilen wird es mehrfachgegeben, um dann zuletzt an Patienten mit Covid 19 erprobt zu werden. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen aber erste Auswertungen deuten darauf hin, dass bis zu fünfmal mehr Wirkstoff ins Blut kommt als bei der Kautablette. Das würde für eine therapeutische Wirkung ausreichen.

Nicht nur bei Corona könnte dieses Medikament eine Therapieoption sein. Auch bei verschiedenen bakteriellen Erkrankungen und Krebserkrankungen zeigen sich vielversprechende Ergebnisse im Labor.

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